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Das Land Äsopien
Wohlstand und mancherorts sogar Zufriedenheit herrschen im Lande
Äsopien. Auch wenn es letzthin mit dem Wachstum etwas hapert, man hat
sich eingerichtet; schließlich gab es immer ein Auf und Ab. Die
Bewohner kommen ganz gut miteinander aus. Da leben Biber, Luchs und
andere alteingesessene Familien einträchtig neben Zuwanderern, wie
Elefant, Hummer und Koala. Äsopien ist ein großes, schönes Land, und
die Provinz, von der unsere Geschichte erzählt, liegt mitten darin. Nun
ja - vielleicht ein Stückchen rechts von der Mitte. Lasst uns doch
hier ein wenig umschauen! Seht ihr den Bach, wie er sich die Hügel hinab
schlängelt? An seinem Ufer leben die meisten Einwohner der Provinz. Es
wirkt ein wenig verschämt, das Bächlein, denn sein breites Bett kündet
von Tagen, als noch weit größere Wassermengen talwärts flossen. Bevor
der Bach das Dorf erreicht, speist er Kanal und Wehr der alten Mühle.
Hier lebt der Müller Fuchs, dem die zunehmende Wasserknappheit große
Sorgen bereitet. Von ihm werdet Ihr noch viel hören. Auch im Dorf ist
der Alltag eng mit dem Bach verbunden. Für die Bauern und Handwerker und
Vereinsvorsitzenden, all die kleinen Leute eben, ist er die wichtigste
Lebensader. Wenn der Bach das Dorf verlässt, beginnen sich links und
rechts seiner Ufer die Bäume des Waldes zu erheben. Hier laufen die
Uhren langsamer - und doch schneller als noch vor einem Jahr. Schaut, da
fliegt die Eule vorbei. Früher wäre ihr nie in den Sinn gekommen, sich
bei Tageslicht zu bewegen. Warum jetzt? Ihr werdet es erfahren. Dort
wo der Wald zu Ende geht, ragt ein imposantes Gebäude in den Himmel.
Hier hat der Rabe sein Institut für Universalforschung gegründet. Die
von ihm angefertigten Studien sind in allen Kreisen von Wirtschaft und
Politik hoch geschätzt, denn sie liefern Antworten, noch bevor die
Fragen gestellt sind. Auf seinem Firmenschild prangt der Slogan „Wir
beweisen was zu beweisen sein wird!“ Nun weitet sich die Landschaft,
und im großen Tal, dort wo der Bach fröhlich plätschernd in den
Industriehafen mündet, liegt die Stadt. Sie wird von einer Hundemeute
regiert, die ihren Einfluss auf ganz Äsopien erweitern will. Gern würden
sie auch den König stellen, doch in der Hauptstadt Phabel sitzt die
Löwin fest auf dem Thron. Sie hatte vor Jahren ihren Vater entmachtet
und alle männlichen Widersacher aus dem Feld geschlagen. So bekam
Äsopien zum ersten Mal eine Königin. Die Städter sind überzeugt, dass
aller Wohlstand und alle Kultur von ihnen ausgeht. Schließlich
erwirtschaften sie in ihrem Hubschrauberwerk die Haupteinnahmen des
Landes. Und damit alles gut zirkuliert, beschäftigen sich zahlreiche
Händler, Anlageberater und Versicherungsagenten damit, das Geld in Fluss
zu halten. Zu ihnen gehört der Wolf, der aus dem Krämerladen seines
Großvaters ein namhaftes Kaufhaus gemacht hat. Seine Erfolgsgeschichte
wird Euch imponieren! Doch lasst uns zurückwandern an die Quelle des
Baches. Dorthin, wo alles begann.
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Leseproben
Der Fuchs und die Windmühle
Betroffen runzelte der Fuchs die Stirn, als er
die Quellöffnung sah, der nur noch ein schwaches Rinnsal müde entrann. Seit
er im letzten Jahr hier oben war, kam deutlich weniger Wasser aus dem
Berg. Es gab keinen Zweifel mehr: alles kam so, wie sein Vater
vorausgesagt hatte. Die Quelle, die den Bachlauf speiste, würde
versiegen. weiterlesen
Die Brotesser und die Fleischesser
Ein Urkonflikt durchzog das Land Äsopien: der
zwischen Fleischessern und Brotessern. Niemand wusste, ob es ihn schon immer gegeben
hatte, weshalb sich viele Geschichten darum rankten. weiterlesen
Die Hundsgemeinde
Die Stadt war die größte und bedeutendste der
Mittleren Provinz. Im Zuge ihres Aufstieges hatten sich hier drei Kasten
gebildet, denen jeweils die Vertreter von Politik, Wirtschaft und
Wissenschaft angehörten. weiterlesen
Die Eule im Hubschrauber
Die Tiere der Stadt und die des Waldes hatten
stets in Eintracht nebeneinander gelebt. Die Städter gingen ihren Geschäften
nach und erholten sich gelegentlich im Wald von der Hektik des
Alltags. weiterlesen
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